Die Angst vor etwas Neuem?
Was sind Gründe dafür, dass sich verhältnismäßig wenig Frauen für einen Beruf in der MINT-Branche interessieren?
Bianca: Es existieren in der Branche noch viele Vorurteile. Das ist zum Beispiel auch bei einigen Sportarten so. Einige Sportarten werden eher Männern zugeordnet, andere wiederum eher den Frauen.
Auch der Einfluss durch andere spielt eine Rolle. Ich musste mich am Ende meiner Schulzeit entscheiden, welchen beruflichen Weg ich einschlagen möchte. Ich wusste aber noch nicht, was ich studieren möchte. Ich wusste, dass ich mich für Informatik interessiere und etwas mit Naturwissenschaften machen möchte. Beim Vergleich mit meinen Mitschüler*innen fiel mir jedoch auf, dass ich mit dieser Entscheidung alleine war. Ich glaube daher, dass viele junge Frauen sich von ihrem Umfeld und ihren Freundinnen beeinflussen lassen.
Jetzt weiß ich, dass ich mich nicht gegen etwas entschieden habe, sondern für etwas anderes. Viele haben bestimmte Berufe nicht im Fokus, sehen diese somit nicht als Option und ziehen diese im Umkehrschluss nicht in Betracht.
Viele wissen im Vorfeld gar nicht, dass es diese Option gibt.
Annika: Viele kennen die beruflichen Möglichkeiten zwar, sie stellen sich unter den Aufgaben aber etwas anderes vor. Es wird dann verzehrt dargestellt. In meiner Familie sind alle naturwissenschaftlich begabt, sodass es für mich nicht abwegig war, sich für einen Studiengang der Naturwissenschaften zu entscheiden. Ich glaube aber, dass sich gerade Mädchen oftmals weniger mit einem Studiengang innerhalb der Informatik auseinander gesetzt haben. Deshalb können sie sich auch nichts darunter vorstellen. Mir ging es ähnlich. Ich studiere ja Cognitive Science und wusste anfangs noch nicht, ob mir die Informatik überhaupt liegt. Daher habe ich mich für einen breit gefächerten Studiengang entschieden.
Bianca: Meine Familie hatte zum Beispiel gar keinen Einfluss auf meine Entscheidung. Wichtig war ihnen, dass ich einen Beruf finde, der mir Spaß bereitet. Ich kann mir aber auch den gegenteiligen Fall vorstellen. Gedanken wie „Das macht man als Frau doch nicht“ sind bestimmt in den Köpfen mancher Eltern vorhanden. Noch immer entscheiden sich ja eher Männer für eine Karriere in der IT, Frauen bilden da also eher die Minderheit. Ich glaube also, dass einige Frauen nicht herausstechen möchten, sondern einfach nur ihren Job machen wollen und sich deshalb gegen einen MINT-Beruf entscheiden.
Erfahrungen als Entwickler*in
Jetzt liegt euer Studium ja (fast) hinter euch. Annika, du schreibst gerade noch deine Bachelorarbeit und konntest erste Erfahrungen in der Sofwareentwicklung machen, was reizt euch an der Arbeit?
Annika: Mir gefallen an der Softwareentwicklung die logischen Zusammenhänge. Ich mochte in der Schule immer gerne Mathe. Mir liegen generell die Naturwissenschaften. Dort wird alles auf den Punkt gebracht. Ich war nie der Typ, der gerne Hausarbeiten schreibt, das ist mir zu theoretisch. Ich möchte lieber etwas Praktisches machen. Die Logik war für mich also der ausschlaggebende Punkt. In der Web-Entwicklung sieht man, was man programmiert. Es gibt ein Ergebnis und man kann beobachten, ob es funktioniert oder eben nicht.
Jede Aufgabe ist ein bisschen so, als würde man ein Rätsel lösen.
Bianca: Mein Studium war eher theoretisch, weil ich an der Uni studiert habe. Dadurch wusste ich vor meiner Festanstellung nicht, ob das Berufsfeld das Richtige für mich ist und mir die Arbeit Spaß bereiten wird. Mir macht die Abwechslung Spaß, denn kein Tag ist wie der andere. Jedes Problem muss anders gelöst werden. Das Logische spielt bei mir auch eine Rolle. Jede Aufgabe ist ein bisschen so, als würde man ein Rätsel lösen. Man muss immer nachdenken und es wird nie langweilig, nicht monoton. Es ist wichtig, sich immer weiterzuentwickeln, denn sonst kommt man in der Entwicklung nicht mehr mit. Das gefällt mir auch total. Bei basecom haben wir zudem einen Wissensaustausch, wo Kolleg*innen neue Themen vorstellen. Auch der Aspekt, dass man sich mit anderen Leuten austauschen kann und so an Lösungen gelangt, ist sehr reizvoll. Das ist es, was die Branche für mich so hervorhebt und damit interessant macht.
Da berichtest du ja schon ein wenig von der Arbeit hier. Was habt ihr so für Erfahrungen im Beruf oder auch im Studium machen können?
Annika: Ich studiere ja keine reine Informatik, sondern Cognitive Science. Dort ist es total normal eine Frau zu sein, das Geschlechterverhältnis liegt bei 50:50. Wie es sein wird, wenn ich im Master reine Informatik studiere, kann ich noch nicht genau sagen. Ich denke, dass ich dann eher zur Minderheit gehören werde. Ich habe aber nicht das Gefühl, dass mir Vorurteile begegnen. Ich bin aber noch in der „behüteten“ Umgebung der Academy, wo wir im Moment relativ viele Frauen sind. Wir sind momentan 5 Mädels. Das bedeutet, wir sind in etwa ein Drittel Frauen in der Academy. Ich schreibe ja zurzeit noch an meiner Bachelorarbeit und arbeite daher noch nicht als Vollzeitkraft an den Projekten mit. Es ist ja einfach etwas anderes, ob ich in einem Projekt arbeite mit anderen Entwicklern, als wenn ich alleine an meiner Web-Applikation arbeite. Johan als mein Ansprechpartner in der Academy und auch andere geben mir viel Feedback, das ich in meine Bachelorarbeit einbauen kann. Dennoch ist es eine Arbeit, die ich zum großen Teil alleine schaffe. Ich kann mir aber vorstellen, dass es noch viel mehr Spaß macht, wenn man im Team programmiert. Da bekommt man ja auch viel mehr Anregungen und lernt mehr von anderen Menschen.
Als Frau muss man sich am Anfang mehr beweisen.
Bianca: Als ich hier letztes Jahr im April angefangen habe, war ich eine der wenigen Frauen in der Entwicklung. Man wurde nicht ausgegrenzt, aber diese andere Behandlung ist schon da. Vor allem im Studium habe ich das gemerkt. Bei mir im Studium waren wir so in etwa 10 Prozent Frauen. Ich habe hier in Osnabrück an der Uni studiert, da sind ja relativ viele Studenten, aber man wusste immer genau welche fünf Frauen vielleicht in deinem Modul sind. Bei den Männern hatte man gar keinen Überblick. Es geht zwar nicht von heute auf morgen aus den Köpfen raus, aber es könnte viel krasser sein. Am Anfang merkt man aber absolut, dass man in einer Männer-Domäne arbeitet. Ich hatte manchmal das Gefühl, dass man sich etwas mehr beweisen muss, als ein männlicher Kollege. Man merkt es aber eher unterschwellig und nicht im direkten Austausch. Ich persönlich fand, dass es sich sehr schnell gelegt hat, weil man sich dann auch bewiesen hat. Ich glaube aber auch, dass dieses Rollendenken in solchen Berufen immer noch da ist. Es macht einfach Spaß im Team zusammenzuarbeiten. Voneinander und miteinander lernen und etwas Schaffen.
Unterschiede als Stärke sehen
Ihr seid jetzt schon eine Weile bei basecom. Was würdet ihr ändern? Welche Verbesserungsvorschläge fallen euch für die Arbeit bei basecom ein?
Bianca: Jeder Mensch ist anders, dadurch bringt er ganz unterschiedliche Charakterzüge mit. Ich glaube, dass es nur Vorteile hat Frauen im Team zu haben, da dadurch die Diversität und somit auch die Kompetenzen im Team erhöht werden. Auch wenn Charakterzüge und Kompetenzen natürlich nicht ausschließlich einem Geschlecht zuzuordnen sind.
Annika: Zur Branche kann ich sagen, dass es eigentlich wichtig wäre, den Schüler*innen innerhalb des Unterrichts die Möglichkeit einzuräumen, sich mit Berufen der Informatik auseinanderzusetzen. Dies könnte in Form von Mini-Praktika geschehen. Für die Branche generell wäre es ein guter Anknüpfungspunkt zu vermitteln, worum es überhaupt geht. Dass man nicht nur Computer zusammenbaut, sondern auf einer abstrakten Ebene arbeitet.
Mehr Anreize bieten, in die Branche einzusteigen
Bianca: Die Frage, die ich mir stelle: „Macht es so viel Sinn, so aktiv daran zu arbeiten, dass mehr Frauen in diesen Beruf gehen?“ Warum soll man so etwas erzwingen? Klar sollte die Option dargelegt werden, aber nicht mit der Intention es um jeden Preis durchsetzen zu wollen. Ich frage mich immer, warum das Ganze zu einem großen Thema gemacht wird. Auf der einen Seite ist es ja gut, aber ich denke mir immer wieder: Wenn es zum Thema gemacht wird, wird es ja auch wieder als “unnormal” abgestempelt. Ich sehe das ein bisschen zweigeteilt. Es ist ein schwieriges Thema. Für mich ist das normal und dann sollte es auch für andere normal sein. Das finde ich schwierig, aber das ist ja bei allen Vorurteilen so.
Annika: Ich sehe das ähnlich. Man sollte niemanden in ein Berufsfeld hinein zwingen. Genauso, wie die Frauenquote nicht immer gewinnbringend ist. Man sollte einfach niemanden zu einer Stelle überreden. Wenn es Frauen gibt, die fachlich gesehen den Anforderungen einer Führungsposition gerecht werden, sollten sie auch diese Stelle bekommen. Aber nicht einfach, nur um eine bestimmte Quote zu erfüllen.
Alle Informationen über aktuelle Jobangebote, Ausbildungsplätze, Abschlussarbeiten, die basecom Academy und alles andere, das Bewerber*innen über basecom wissen müssen, haben wir auf unserer neugestalteten Jobseite wirsprecheninter.net zusammengefasst.