Mit der Übernahme von Magento hat Adobe eine Lücke geschlossen und kann nun in seiner Experience Cloud eine „Sammlung von marktführenden Lösungen für Marketing, Analysen, Werbung und Handel“ anbieten. Die zügige Integration von Magento ist insofern keine Überraschung: Die Cloud-Version von Magento Commerce bildet den Kern der Adobe Commerce Cloud, die im März 2019 als neuester Bestandteil der Adobe Experience Cloud vorgestellt wurde. Auch organisatorisch ist der Zusammenschluss der beiden Unternehmen offenbar soweit fortgeschritten, dass „alle Funktionen der Sales-, Marketing- und Produktteams in der Adobe Experience Cloud Business Unit zusammengeführt wurden“, wie der (ehemalige) Magento CEO, Mark Lavelle, in seinem Abschieds-Blogpost mitteilte .
Was ändert sich bei Magento?
Während bisher deutlich geworden ist, dass die Integration von Magento für Adobe eine Erweiterung bzw. Ergänzung des eigenen Angebots bedeutet, stellt sich weiterhin die Frage, was der Unternehmenszusammenschluss für die weitere Entwicklung von Magento bedeutet. Zumindest die Websites der beiden Unternehmen sind in diesem Punkt auf den ersten Blick nicht sehr aufschlussreich. So verwendet Adobe beispielweise auf einer Übersichtsseite der Experience Cloud für die Commerce Cloud ein Logo, das an das Magento Logo erinnert und fordert dazu auf, Adobe Magento kennenzulernen. Folgt man dem entsprechenden Link, landet man auf der Seite der Adobe Commerce Cloud. Hier wird das Magento-Logo und das typische Orange verwendet, während der Name Magento nicht mehr auftaucht.
Auf der Magento-Website wird an verschiedenen Stellen auf Adobe verwiesen. Am prominentesten im Logo bzw. dem Namenszug, der jetzt durch den Zusatz An Adobe Company erweitert ist. Magento weist aber auch darüber hinaus (zumindest auf der deutschen Seite) an verschieden Stellen darauf hin, Teil der Adobe Experience Cloud zu sein. Außerdem findet sich unter den Reitern Lösungen und Produkte jeweils der Punkt Adobe Commerce Cloud, der auf die entsprechende Adobe-Seite verlinkt.
Neu sind bei Magento zudem die Produktbezeichnungen der unterschiedlichen Editionen des Shopsystems. Die Community Edition heißt jetzt Magento Open Source. Die ehemalige Enterprise Edition wurde zu Magento Commerce umbenannt. Seit 2018 gibt es außerdem mit Magento Commerce Cloud eine reine Cloud-Version der Software, die allerdings (zumindest in der Außendarstellung) inzwischen unter dem Namen Adobe Commerce Cloud firmiert und – ergänzt um weitere Adobe Cloud-Dienste – den Enterprise-Markt bedienen soll.
Magento Open Source und Magento Commerce werden On-Premises (auf eigenen Servern) gehostet. Die beiden Versionen bieten sich als E-Commerce-Lösungen für ein breites Spektrum von Unternehmen vom Startup über kleine und mittlere Unternehmen bis hin zu Großunternehmen an. Mit der Variante Cloud Starter hat Magento jetzt aber auch eine Cloud-Version seines Shopsystems auf den Markt gebracht, die auf das Mid-Market-Segment abzielt.
Unter dem Strich zeichnet sich ab, dass Adobe durch die Integration von Magento in die Adobe Commerce Cloud ein neues Produkt geschaffen hat, während Magento Commerce auch unter dem Dach von Adobe weiter als eigenständiges Angebot erhalten bleibt. Die Adobe Commerce Cloud umfasst neben dem Shopsystem Magento Commerce die kostenpflichtigen Adobe Cloud-Dienste Marketing Cloud, Advertising Cloud und Analytics Cloud.
Wichtig ist im Zusammenhang der Magento-Übernahme sicher auch das deutliche Bekenntnis von Adobe und Magento zur Magento Community, das der scheidende Magento CEO in seinem Abschieds-Statement so formulierte: „Magentos Stärke hängt nicht von einer einzelnen Führungsperson ab, sondern ist in den Fähigkeiten einer globalen Community von Individuen begründet, die Meister ihres Faches sind, sich mit Leidenschaft für den Erfolg ihrer Kunden einsetzen und sich einem Ethos der Zusammenarbeit, des Miteinanders und der Sorge für die Belange der Gemeinschaft verpflichten. Seid versichert, dass sich die Führung von Magento verpflichtet sieht, ihre Beziehung zu dieser Community weiter auszubauen und zu vertiefen.“ Der Open-Source-Gedanke und die große Unterstützer- und Entwickler-Community bleibt also für Magento weiterhin eine wichtige Säule.
MagentoLive Europe 2019: News aus Amsterdam
Abseits der Neuausrichtung des Portfolios unter Adobe und der organisatorischen Veränderungen gibt es aber auch einige Entwicklungen die Magento-Nutzer unmittelbarer betreffen. Wir nehmen von der MagentoLive Europe insbesondere mit, dass Magento sich zukünftig wieder stärker auf den Mittelstand bzw. den Midmarket konzentrieren möchte. Die Commerce-Cloud-Starter-Lizenz und die Business Intelligence Essentials, die allen Commerce-Cloud-Kunden zur Verfügung stehen, sind gute Beispiel für diesen Trend, den wir grundsätzlich für richtig und begrüßenswert halten. Außerdem hat Magento die Security-Update-Zyklen angepasst. Das End of Support einer Version ist ab sofort abhängig von der Veröffentlichung des nächsten Minor Releases. Ab sofort gibt es Qualitäts-Updates zu einem Release mindestens bis 12 Monate nach Herausgabe des Folgereleases (Also gibt es z.B. für die Version 2.3 bis 12 Monate nach Veröffentlichung der Version 2.4 Qualitäts-Updates). Sicherheits-Updates gibt es künftig bis 18 Monate nach Herausgabe des Folgereleases. Zudem gibt es ab der Version 2.3. die Möglichkeit, lediglich Sicherheitspatches statt eines kompletten Updates der Version vorzunehmen.
Außerdem gab es bei der MagentoLive einige weitere interessante Neuigkeiten: Zum einen hat Magento bekannt gegeben, seinen Nutzern künftig die Sensei-KI von Adobe zur Verfügung zu stellen, die es Shopbetreibern ermöglicht, ihren Kunden durch künstliche Intelligenz (bzw. maschinelles Lernen) bessere Produktempfehlungen zu machen. Die KI Sensei soll im Early Access ab Januar 2020 verfügbar sein und insbesondere kleine und mittlere Unternehmen dabei unterstützen, ihren Kunden ein besseres, personalisiertes Einkaufserlebnis zu bieten. Zum anderen werden Magento-Nutzer in Zukunft die Möglichkeit haben, direkt aus dem Magento Backend auf Adobe Stock und die Adobe-Content-Library zugreifen können. Das Feature wird in Magento Commerce und die Open-Source-Version integriert, sodass es auch kleinere und mittlere Unternehmen bequem auf die Adobe Mediendatenbank zugreifen können.
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Magento hat 2019 darüber hinaus damit begonnen, Integrationen von Online-Marktplätzen für alle Magento-Versionen bereitzustellen. Den Anfang macht ein vollintegrierter Sales Channel für Amazon in den USA und GB. Shopbetreiber können ihr Produktangebot bei Amazon synchronisieren und ihr Amazon-Angebot aus dem Magento-Backend heraus managen. Für viele Händler dürfte das eine gute Nachricht sein. Bereits seit der Version 2.3 steht Magento-Nutzern das Magento PWA Studio zur Verfügung, um schneller und einfacher von den Vorteilen der PWA-Technologie profitieren zu können.
Die einschneidendste Veränderung, die in näherer Zukunft auf viele Magento-Nutzer zukommt, ist allerdings das Ende des Supports für Magento 1 im kommenden Jahr. Shopbetreiber, die noch nicht auf Magento 2 oder eine andere E-Commerce-Plattform umgestiegen sind, sollten eine Migration spätestens jetzt dringend in Erwägung ziehen.