„Dein Mann verdient doch genug. Du bist eine Rabenmutter. Du musst doch gar nicht arbeiten oder zumindest nicht so viel.“ – Was klingt wie ein Bullshit-Bingo für berufstätige Mütter, ist für Alexandra Essig Alltag. „Ich höre oft, dass ich meinen Kindern mit unserem Lebensentwurf schaden würde.” Doch nicht nur Bekannte kritisieren die 38-Jährige, Vorwürfe kämen aus verschiedenen Richtungen, auch von Freundinnen. Es sei nicht immer einfach, das an sich abprallen zu lassen. „Es nagt an einem. Einmal bin ich nach einem Elternabend heulend nach Hause gefahren. Ich habe auf dem Sofa gesessen und gedacht, ich muss kündigen.”
Auf ihrem Sofa in ihrem loftartigen Wohnzimmer mit offener Küche sitzt Alexandra nur selten allein. Anton und Feli, die zwei Familienhunde, fordern ihre Aufmerksamkeit, ebenso wie ihre beiden Kinder, der neunjährige Max und die vierjährige Emmy. Und dann ist da ja auch noch Till, ihr Mann. Als Consultant unter der Woche viel und unregelmäßig unterwegs, kann er nur wenig im Haushalt helfen. „Er kocht gern und besser als ich – die Küche ist sein Terrain. Der Rest liegt bei mir”, so die 38-Jährige.
Der Rest, in Fachkreisen auch „Mental Load“ genannt, ist das, was viele berufstätige Mütter irgendwann in die Knie aka in den Burn-out treibt. Ein Phänomen, das für Alexandra hausgemacht ist. „Bei uns ist es ganz extrem, dass ich an vieles denke: die Verordnung für die Ergotherapie, die Paprika fürs Kita-Frühstück – da sind die Aufgaben bei uns klar verteilt.“ Ein Problem stellt diese Tatsache für die Powerfrau allerdings nicht dar: „Ich bin ein 120-Prozent-Typ. Ich gebe immer Vollgas und brauche das auch.” Daher wolle sie an ihrer Situation nichts ändern.
Und was ist mit Me-Time?
Und was ist mit Me-Time? „Die nehme ich mir, so oft es geht. Ich finde meinen Ausgleich im Sport”, erzählt die 38-Jährige, die mit ihrer Familie in Bissendorf lebt. Joggen und Volleyball spielen sind ihre Hobbys. „Ich pfeife auch in der zweiten Volleyball-Liga. Das findet meistens samstags statt, dann kümmert sich mein Mann um die Kinder.”
Ein Pensum, das nicht jeder* bewältigen könnte – schon gar nicht ohne Hilfe. Auch wenn die gebürtige Hamburgerin nicht auf ein Netzwerk aus Omas und Opas zurückgreifen kann, bekommt sie doch Unterstützung. Von ihrem Arbeitgeber. „Das war bei basecom von Anfang an toll. Vereinbarkeit wird hier gelebt. Ich gehe in der Regel um 16 Uhr und das ist total in Ordnung. Termine werden sogar extra für mich umgelegt, damit ich teilnehmen und noch meine Tochter abholen kann.”
Alexandra arbeitet Vollzeit, also 40 Stunden in der Woche, als Leitung Entwicklung Magento bei basecom. „Im Büro bin ich täglich aber nur acht Stunden, davon ist eine Stunde Mittagspause. Die sozialen Kontakte sind mir wichtig. Die übrige Stunde erledige ich von zu Hause aus.” Donnerstags bleibt die Zweifach-Mama komplett im Homeoffice. „Dann kann ich zwischendurch mal kurz in den Keller gehen und die Waschmaschine anstellen. Das ist superhilfreich. Im Endeffekt arbeite ich an dem Tag mehr Stunden als an den restlichen Tagen. Aber man kann trotzdem noch eben etwas nebenbei im Haushalt machen.”
Ihrem Chef sei es vor allem wichtig, dass es laufe: „Das tut es. Mein Team funktioniert sehr gut.“ Flexible Arbeitszeitmodelle befürwortet die Mutter auch als Vorgesetzte. „Im Prinzip ist es zweitrangig, ob man sechs Stunden am Tag arbeitet oder zehn. Hauptsache, die Arbeit ist gemacht.“ Teilzeit oder Jobsharing seien vor allem im Projektgeschäft und im Umgang mit Kunden* nicht immer einfach, aber Herausforderungen, denen man sich in der heutigen Zeit stellen müsse: „Ich habe bei mir im Team auch zwei Mädels unter 30, bei denen ganz klar ist, dass sie noch eine Familie gründen möchten. Das kriegen wir dann als Team schon hin.“
So eine Rückendeckung im Job hat Alexandra selbst als Frau nicht immer erfahren. Die studierte Medieninformatikerin begann ihre Karriere bei einem IT-Dienstleister im Microsoft-Umfeld in Osnabrück – das Diplom als Jahrgangsbeste frisch in der Tasche. Sie bekam gleich eine Teamleiter-Funktion, alles sah nach einer steilen Karriere aus. Bis sich 2009 Max ankündigte. „Als ich nach einem Jahr aus der Elternzeit zurückkam, hieß es: ,Deine Rolle gibt es so nicht mehr.’ Weil klar war, dass ich auch noch ein zweites Kind wollte, haben die mit mir gar nicht mehr geplant.“ Laut Alexandra wäre es dort als Mutter ohnehin sehr schwierig geworden: „60 Stunden die Woche waren normal. Wer vor 18 Uhr das Büro verlassen hat, wurde schief angeschaut. Das geht als Mutter gar nicht.“ Alexandra sah dort keine Zukunft und hat ihre zweite Schwangerschaft genutzt, um sich nach Alternativen umzuschauen – und wurde bei basecom 2015 fündig und bis heute glücklich.
Es wird immer entspannter
Am Ziel ihrer beruflichen Träume ist sie deswegen aber noch lange nicht. „Ich hoffe, dass es für mich noch weiter nach oben geht. Zumal meine Kinder auch immer älter werden. Das wird immer entspannter.”
Ob es für sie bei basecom „weiter nach oben geht“, lässt die 38-Jährige offen. „Ich will weiterkommen. Die Leitung der Business Unit Magento ist momentan superspannend, aber in zwei, drei Jahren kann ich mir auch noch mal mehr vorstellen. Ich werde irgendwann unruhig.“ Der Titel sei ihr dabei nicht das Wichtigste. Der Spaß an der Arbeit zähle für sie mehr: „Sonst bin ich auch nicht gut. Deswegen bin ich happy bei basecom. Ich mache Sachen, die mich interessieren. Ich brauche das für mich – die Anerkennung und die Herausforderung.”
Eine Herausforderung ist auch die Branche, in der Alexandra als Frau arbeitet. Trotzdem fühlt sich die Medieninformatikerin in der vermeintlichen Männerwelt wohl und akzeptiert. „Ich finde das Hypen von Frauen in der IT doof. Wir können das genauso gut oder schlecht wie Männer. Ich bin durch Zufall in dieser Branche gelandet, habe meinen Studiengang nach Interesse gewählt und nicht darüber nachgedacht, ob da mehr Männer oder Frauen sind.“
Auch das Wort „Quotenfrau“ mag die zweifache Mutter nicht. „Ich bin da, wo ich bin, weil ich gute Leistung gebracht habe. Ich sehe die Frauenquote schwierig. Sie wertet die Frau in einer Führungsposition ab. Andererseits ist sie aber auch gut, weil Männer dann gezwungen sind, auch Frauen auf Topführungsebene einzustellen und nicht nur unter sich bleiben.” Für sie müssten Frauen allerdings anders gefördert werden. Das schaffe keine Quote allein. „Wir brauchen variablere Kitazeiten, Netzwerke, die Entlastung bringen, Flexibilität und Verständnis. Es muss doch möglich sein, dass ich mit meinem Kind spontan zum Arzt fahre, ohne dafür Urlaub nehmen zu müssen. Die Stunden holt man dann schon nach. Zum Glück geht sowas bei basecom.”
Wanted: variablere Kitazeiten, Netzwerke, Flexibilität.
Für Alexandra ist ihr Lebensentwurf gut so, wie er ist. Mehr noch: Sie möchte anderen Frauen ein Vorbild sein. „Ich höre von meinen Volleyball-Mädels, aber auch von Kolleginnen öfter, dass sie das mal so hinkriegen wollen wie ich. Das ist natürlich toll, wenn ich meine Erfahrungen weitergeben kann.” So war es auch bei ihr selbst. „Meine Eltern haben beide gearbeitet und es hat mir nicht geschadet. Ich finde das völlig normal.”
Zu Hause bleibe auch schon mal etwas liegen, behauptet die Perfektionistin und zeigt auf eine völlig normal (un)aufgeräumte Kinderspielküche. Mit zwei Kindern, Job und Haushalt stehe man manchmal zwischen den Stühlen. „Ich möchte eine tolle Mutter sein, Zeit mit den Kindern verbringen. Aber auch den Haushalt schmeißen, einkaufen, mich um die Hunde kümmern. Das ist halt schon manchmal schwierig.“ Vor allem, wenn es zudem noch bei der Arbeit stressig sei. „Aber meine Kinder sind nicht doof, sie sind empathisch und sozial kompetent. Ich sehe nichts, worunter sie leiden.” Damit Alexandra zukünftig aber völlig entspannt auf ihrem Sofa sitzen kann, hat sie noch einen Wunsch: „Ich suche dringend eine Reinigungskraft. Wenn ich samstags auch noch den halben Tag putzen muss, bleibt wirklich zu wenig Zeit für meine Kinder.”
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Text: Kim Gerecht / brandence
Fotos: Jennifer Moritz
Dive #5 / Story: „Multitasking at it’s best. Alexandra zeigt, wie es als Working Mom funktionieren kann.“